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Rhythmus der Natur - Oktober Teil 2

Zeit des Abschieds und des Loslassens. Lettingo.

Während es im September mit dem Annehmen von Gaben ging, geht es im Oktober ums Hergeben, um im Gleichgewicht zu bleiben.

 

Wollen wir in einem energetischen Gleichgewicht bleiben, dann sollten wir für alle Gaben, die das Leben für uns bereithält, etwas Angemessenes zurückgeben. Wie in einem Fluss führt ein Stau der Energien dazu, dass entweder nichts mehr nachfließen kann oder eine Überschwemmung zur Katastrophe führt. In früheren Zeiten waren Opfer auch bei uns selbstverständlich. Wertvolles wurden den göttlichen Mächten zurückgegeben für deren Unterstützung.

 

Wie schwer dagegen fällt es uns heute manchmal, etwas herzugeben, das uns ans Herz gewachsen ist. Und wie bereit sind wir, Materielles zu horten und anzuhäufen, ohne davon etwas ins große Netz einzuspeisen.

Hergeben, Verschenken, Opfern – so schmerzhaft es sich anhört, so sehr erleichtert es auch, loszulassen und buchstäblich unbeschwert zu sein.

 

Ende Oktober / Anfang November, wenn das "Sterben" in der Natur beginnt, fühlen viele Menschen Trauer in sich. Die Idee des (ab)Sterbens in der Natur erinnert viele an die Endlichkeit allen Lebens und lässt sich nicht mehr aus dem Bewusstsein verdrängen. Wir werden mit der Frage konfrontiert, wie wir einst jenem letzten Loslassen dessen begegnen, was wir das „Ich“ nennen. Glücklicherweise erleben wir schon immer während unserer Lebzeigen viele kleine „Tode“. Wir üben den Abschied immer wieder – von Menschen, Ansichten, guten oder schwierig erlebten Zeiten. Da wir uns Abschieden und letztlich auch dem Tod nicht entziehen können, bleibt uns nur der tapfere Blick hinein ins Auge des Sturmes. Und die Bereitschaft, immer wieder gehen zu lassen, was wir festhalten. Nichts ist sicher und beständig, außer der Bewegung selbst.

 

Der Oktober ist die Zeit, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Alles Gefällige, Schöne und Verzierende, alle Identitäten, mit denen wir uns selbst definieren, dürfen wir nun abstreifen und uns auf das besinnen, was eigentlich unseren Kern, unsere Persönlichkeit ausmacht. Einfach sein wie wir sind, mit allen Ecken, Kanten und Irrtümern.

 

 

So wie die Laubbäume ihr Blätterkleid abwerfen, fällt nun unser Blick auf ihr kahles Astwerk. Nichts beschönigt mehr, weder in Form noch Farbe. Die Bäume strahlen nun gleichzeitig eine karge Strenge sowie Verletzlichkeit aus, und gerade auch darin liegt besondere Schönheit.

Photo by Emelia Chrys on Unsplash


Der Text enthält zitierte Passagen aus „Der Jahreskreis“,

Martina Kaiser